Es ist Sonntagmorgen und nachdem alles aufgeladen ist, starten wir zu dritt in das uns bisher unbekannte RumÄnien. Rund 1500 km durch Deutschland, Oestereich und Ungarn liegen vor uns und genau diese weite Strecke hat uns bisher davon abgehalten, in diesen Teil Europas vorzustossen. Aber, um es gleich vorweg zu nehmen, es sollte sich lohnen und wir werden mit Sicherheit nicht das letzte Mal an der EnduRoMania teilgenommen haben. Eine vage Vorstellung von dem, was uns dort erwartet, haben wir Dank der Unterlagen, die wir nach bezahlen der Startgebuehr von nur DM 100.-- bereits erhalten haben. Es gibt etliche, zumeist kopierte Karten, dazu eine Liste der 36 Check Points. Diese sind unterteilt in Touring-, Reiseenduro und Offroad-Kategorie, was nachher in der Praxis aber unbeachtet bleiben sollte. Ziel ist es, moeglichst viele der Kontrollpunkte, die waehrend der 3-taegigen Veranstaltung taeglich von 9.00 bis 20.00 Uhr besetzt sind, anzufahren. Dafuer gibt es je nach Schwierigkeitsgrad der Anfahrstrecke zwischen 200 und 1500 Punkte pro Check Point, die gefahrenen Kilometer und die Fahrzeit bleiben dabei unberuecksichtigt. Wir erreichen die ungarisch -rumaenische Grenze am Montagnachmittag und hoffen durch die angekuendigte vereinfachte Einreise auf rasche Abfertigung. Es sollten dann aber doch fast 2 Stunden werden, allerdings nicht, weil die Zoellner Probleme bereiten, sondern weil unser Wagen nach der Dokumentenkontrolle einfach nicht mehr anspringen will. Gluecklicherweise bekommen wir ganz "offizielle" Schiebehilfe und da eine Liste der Teilnehmer am Zoll hinterlegt wurde, folgt eine problemlose Zollabfertigung. Natuerlich fragt man uns ueber die Motorraeder aus, alllerdings nur aus Neugier, denn Motorraeder dieser Art kennt man hier kaum. Auf den restlichen Kilometern nach Las Vegas, unserem Treffpunkt an einem (Bagger-) See, wird uns klar, daņ auf den rumaenischen Straņen auch fuer`s Touring-Programm lange Federwege nicht ueberfluessig sind. Am Treffpunkt selbst beschliessen wir nach dem Abendessen und ersten Kontakten mit anderen Teilnehmern am Sandstrand zu schlafen. Am naechsten Morgen trifft dann das Gros der Teilnehmer ein, darunter auch einige Belgier und Daenen mit Strassenmotorraedern. Am interessantesten sind aber ganz klar die vielen Rumaenen, die auf allem angefahren kommen, was zwei Raeder hat; meistens Marke Eigenbau mit Motoren zwischen 50 und 150 ccm und aufgepackt bis obenhin. Von Schutzbekleidung wollen wir erst gar nicht reden. Alle Achtung, die Jungs haben schoen gebastelt, manch einer von uns waere unter diesen Umstaenden wahrscheinlich nie auf die Idee gekommen, Motorrad zu fahren. Importierte Motorraeder sind praktisch unerschwinglich, denn zu dem horrenden Preis kommmen noch unbezahlbare Einfuhrzoelle. Da bekommt man fast ein schlechtes Gewissen mit der eigenen guten Ausruestung.
Fuer die Rumaenen ist die Teilnahme an der EnduRoMania kostenlos und wer bei den drei Veranstaltungen im Juni, Juli und August jeden Jahres insgesamt am besten abschneidet wird rumaenischer Enduromeister. Sergio, der die ganze Sache angekurbelt hat, begruesst jeden Einzelnen grandios, wie er sich um alles kuemmert, was uebrigens fuer die ganze Truppe gilt. In einem Container ist alles untergebracht, was auch nur irgendwie dazu beitragen koennte, ein Motorrad wieder flott zu machen und die Mannschaft ist Meister ihres Fachs, wenn's sein muss, auch noch spaet nachts.
Da wir natuerlich moeglichst bald fahren wollen, fragen wir Sergio gleich nach den Moeglichkeiten vor Ort, denn die Check-Points sind in einem Umkreis von ca. 250 km verteilt, allerdings ist heute noch kein Wertungstag, aber das ist uns ziemlich egal, Hauptsache Gelaende satt. Er verspricht uns Dan seinen besten Mann mitzugeben. Er hat die EnduRoMania schon mehrfach gewonnen und kennt die Gegend bestens, in diesem Jahr hilft er bei der Durchfuehrung der Organisation. Hoffentlich werden wir da nicht ueberschaetzt. Nachdem wie uns bekannt gemacht haben, starten wir als Sechsergruppe zusammen mit zwei Berliner auf ihren KTMs. Dan faehrt mit einer aelteren LC 4 von der Organisation. Kurz durch den naechsten Ort und schon geht's auf kleinen Wegen in die Berge. Dan fliegt durch die Hohlwege und es ist ein Hochgenuss, hinterherzufliegen, kein Roadbook, keine Pfeile, Endurofahren pur!!! Leider sollte sich aber wieder einmal bewahrheiten, dass KTM sehr treffend mit "Kick Twenty Minutes" uebersetzt ist. Ausser Dans alter LC 4 will keine der beiden Oesterreicherinnen so richtig in Fahrt kommen. Dazu steigt dann einer der beiden Berliner direkt vor unseren Augen aus voller Fahrt ueber den Lenker ab, gottseidank nichts Schlimmes passiert, die KTM ist allerdings ziemlich verbogen, wir kommen aber noch nach Hause. Mit Staunen vernehmen wir die Beschwerde des Berliners gegenueber Sergio, an seinem Sturz sei Dan schuld, viel zu schnell gefahren. Aber hoppla, wem`s zu schnell ist, der soll halt lagsamer machen, schliesslich wurde immer gewartet, wenn einer gefehlt hat. Neu ist uns auch, daņ man sein verbogenes Motorrad auf den naechsten Morgen wieder fahrbereit bestellt und sich dann mit einem Organisationsmotorrad davonmacht, bevor man sich womoeglich noch schmutzige Finger holt, aber sei`s drum. Wir beschliessen, am naechsten Tag noch in dieser Gegend zu bleiben und die noetigen Kontrollstempel abzuholen. Wieder faehrt Dan mit uns und heute ist es ein Traum, sagenhafte Landschaft, Wege wie im Bilderbuch. Wir beschliessen nach den ersten Offroad-CPs einen noch weiter entfernten CP anzufahren, zuvor aber muss getankt werden und das kann hier zu einem Problem werden, denn es hat nicht gerade viele Tankstellen und davon haben auch nicht alle Treibstoff. Gegen Abend treffen wir noch mehr Fahrer ebenfalls mit Spritproblemen. Wir tun uns zusammen und mit gleichmaessiger Verteilung des noch vorhandenen Benzins und einer Tankstelle unterwegs, erreichen wir gegen 23.00 Uhr den See. So kommt es, daņ wir von ca.350 Kilometer 250 Strassenkilometer gefahren sind. Vielleicht haetten wir trotz unserer Begeisterung mal auf die Karte schauen sollen -aber, der Tag bleibt dennoch unvergessen. Am Donnerstag brechen wir frueh auf, denn wir wollen in die Karpaten, wo sich die meisten Offroad -Punkte befinden. Das sind ca.300 Km mit Auto und Anhaenger und bei den meisten dieser Strassen faehrt es sich wie auf einer Wellblechpiste; Entweder sehr langsam oder mindestens mit 80 Sachen. Da wir ankommen wollen, entscheiden wir uns fuer die zweite Moeglichkeit und sind auch relativ rasch am Ziel, beim Buergermeister eines kleines Doerfchens, dessen Adresse wir von Sergio bekommen haben. Er ist zwar nicht zu Hause, aber die Nachbarn winken uns gleich in den Hof: "Kein Problem", die Leute sind ueberall hilfsbereit und immer sehr freundlich. In diesen Doerfern scheint die Zeit stehengeblieben zu sein, jede Menge Gaense und anderes Getier laeuft auf den Straņen herum, Pferdefuhrwerke sind ein ganz gewoehnliches Bild, Hektik ist ein Fremdwort. Dan waere gern mit uns gekommen, aber leider wird er am See gebraucht und so starten wir zu dritt in die Berge. An einem steilen Schotterweg winken uns die Holzfaeller zu. In kuerzester Zeit befinden wir uns auf rund 2000 m Hoehe und finden auch gleich den CP. Weiter geht`s in Richtung Gipfelkreuz, vorbei an halbwilden Pferden zu einer Ruine, wo wieder gestempelt wird. Die Aussicht ist grandios und wir koennen von hier aus zum Gipfel āarcu blicken, der sich auf der anderen Seite des Tales auf ueber 2500 m erhebt. Ca.2 Stunden und viele Enduropfade spaeter haben wir die Wetterstation dort erreicht. Man verwoehnt uns mit Omlette und Tee in einem kleinen Zimmerchen, wo die Familie mit Nachwuchs wohnt. Es gibt sogar Sprit in Colaflaschen zu kaufen, den man eigens fuer die Teilnehmer mit einem speziellen Hochgebirgspferdefuhrwerk zusammen mit den anderen Vorraeten hier hochgekarrt! An diesem Punkt waren bisher nur fuenf Belgier, die uns auch am folgenden Tag stets eine Nasenlaenge voraus sein sollten. Kein Wunder! Nach einem Blick auf die Karte nahmen sie stets den direkten Weg geradeaus nach Kompass: "Ja, das ist ENDUROFAHREN" erklaert uns einer von ihnen spÄter bei der Siegerehrung..... Beim Abstieg treffen wir zwei rumaenische Teilnehmer. Sie fahren die ganzen Strecken quer durch`s Programm, egal ob Strasse oder Gelaende mit ihren kleinen Maschinchen und immer schoen aufgepackt. Dazu ist noch bei einem der beiden der zweite Gang ausgefallen und das gerade hier auf groben Geroellpisten! Wir koennen nur gute Fahrt wuenschen und begeben uns auf den Weg zum naechsten Punkt, einer Holzbruecke im Tal. Bald haben wir den Weg gefunden, der in vergangener Zeit einmal die Schienen einer Schmalspureisenbahn getragen hat, jetzt sind nur noch viele Kilometer der runden und rutschigen Schwellenhoelzer vorhanden. Es geht durch dichten, dunklen Wald, ueber Wiesen und immer wieder kann man sich im Fluesschen "erfrischen", denn von den Bruecken existiert keine mehr, nur die eine am Check-Point noch, ganz unten, am Ende des Tales. Doch wir sind schon zu spaet, keiner mehr da, dazu bemerken wir, dass eines der Hinterraeder Luft verliert, moeglichst schnell nach Hause. Wir verfahren uns in der Dunkelheit noch, aber nach etlichem Schlam(m)assel treffen wir in unserem Quartier ein. Dort erwartet uns schon das Buergermeisterehepaar mit heisser Nudelsuppe und danach geht`s direkt ins Bett. Am Freitag wollen wir nach einem unglaubigen guten Fruehstueck noch einige Punkte in dieser Gegend abfahren. Da wir nicht wissen, wann die naechste Tankstelle kommt, nehmen wir heute Sprit im Rucksack mit, unterwegs lassen wir die Motorraeder immer wieder bergab rollen, das hat sich waehrend der letzten Tage schon als hilfreich erwiesen, seinen Aktionsradius um einiges zu vergroessern. Der erste Punkt liegt in einem Geisterdorf, Familienangehoerige des einzigen dort lebenden Einwohners haben die Aufgabe des Kontrollpostens uebernommen. Sie beschreiben uns auch den weiteren Weg, der zunaechst mit Farbe markiert ist. Bald aber enden die Markierungen und dann auch alle Wege. Wir halten es wie die Belgier und schlagen uns bei nun einsetzendem Regen weiter durch. Wir erreichen eine Tankstelle, wo wir beschliessen, nun doch einen anderen als den geplanten CP anzufahren, der von hier aus mehr Gelaende verspricht. Gesagt, getan - aber irgendwo hat wieder ein Stein zugebissen. Am Kontrollpunkt wird schnell geflickt und trotz der bereits hereinbrechenden Daemmerung beschliessen wir, noch einmal unsere neue Lieblingsstrecke (die Schmalspureisenbahn!!!) bergauf in umgekehrter Richtung zu fahren, liegt ja auch irgendwie auf dem Heimweg..... ein Traum - unbeschreiblich.Kurz vor Mitternacht sind wir wieder am Auto: Aufladen und die 300 km zurueck nach Las Vegas - die Party ist gelaufen, aber Dan ist noch wach und macht einen Luftsprung, als wir eintreffen: Er ist heute zum zweiten Male Vater geworden. Sergio sitzt in einem Huettchen bei der Auswertung, unermuedlich und nimmt gerne noch unsere Stempelkarten entgegen (wir sollten nicht die Letzten sein), Abgabeschluss war eigentlich gestern abend, aber hier wird alles nicht so eng gesehen, der Spass steht im Vordergrund. Zur Siegerehung am Samstag wird alles aufgeboten, was manch einer groesseren Veranstaltung gut zu Gesicht stehen wuerde, da wird wirklich keine Muehe gescheut. Zu einem grandiosen Buffet gibt es Pokale und "Diploma" fuer die Teilnehmer und das alles in familiaerer Herzlichkeit - Rumaenien, wir kommen wieder !
H.J.Krebs
In Rumaenien ist die Zeit vor 100 Jahre stehen geblieben und gerade das macht das Land fuer mich persoenlich so interessant. Die Strecken, die Du vorbereitet hast, sind einfach traumhaft schoen und anspruchsvoll (ich sage nur Plopu ). Bei dieser und anderen Strecken faellt mir immer ein kleiner Spruch ein, den ich mir dort in mein Tagebuch gechrieben haben: +Jeder Augenblick ist schoen, wenn man ihn zu geniessen versteht!+ Mit diesem Spruch moechte ich Schluss machen. Ich wuensche Dir alles Gute und hoffe, dass Du die EnduRoMania noch viele Jahre organisierst. Viele Gruesse, auch an Otmar, der einfach alles wieder ans Laufen bekommt!
Benno Cramer, 59846 Sundern